In Sachen Bürgergeld und BGE

Nachdem nun nicht mehr nur die Linkspartei, sondern auch die Grünen und SPD mit Vorschlägen zu Bürgergeld und BGE aufwarten und Argumente vorlegen, die ihre Wertigkeit begründen sollen, möchten wir noch einmal auf unseren vorsichtigeren Ansatz hinweisen, den wir vor zwei Jahren der SPD kenntlich gemacht haben.

Wir intendieren nicht, Grünen, SPD und Linkspartei einen Gegenvorschlag zu liefern: Sollte es den Parteien gelingen, ein bedingungsloses Bürgergeld oder Grundeinkommen ohne schrittweise Einführung durchzusetzen, freuen wir uns darüber und stellen uns - so die Grundlagen stimmen - voll und ganz dahinter. Da sich aber die CDU bereits ganz im trumpschen Gefahrenwarnstil dagegen geäußert, auf die Ängste der Bevölkerung gezielt hat und wieder einmal versucht, Arme gegen Arme auszuspielen (wie sollte es auch anders kommen, wir haben ja unendlich viel Zeit für dumme Streitereien und divide et impera), möchten wir unsere Argumente für eine schrittweise Einführung eines BGE noch einmal vorstellen.

Der Vorteil unserer Argumentation liegt auf der Hand: Wo Polarisierung herrscht, wird Zeit verloren, und für gewöhnlich verhärten sich die Seiten in rigide und emotionalisierte Positionen. Viele Bürger sind der Ansicht, dass arbeitsunabhängiges Einkommen den Wert der Arbeit herabsetzt. Es werden noch mehr werden, die so denken, wenn wir die Polarisierung zulassen. Eine schrittweise Umsetzung kann als Fallback-Solution, als Reißleine für den Moment dienen, in dem sich abzeichnet, dass ausgerechnet das Pro von Seiten Rot-Rot-Grün dazu führt, dass es unwahrscheinlicher wird, dass sich ein BGE durchsetzen kann: ein typisches politisches Dilemma, in dem die Parteien die Situation verschlimmern, weil sie zugunsten ihrer eigenen Position das größere Wohl der Bevölkerung zurückstellen.

Unser Vorschlag ist also nicht nur wirtschaftlich und sozial klug, um langsame Anpassung und Veränderung im Bewusstsein der Bevölkerung auf allen Seiten zu motivieren, er ist auch politisch klug, da er so konstruiert ist, dass er sich bemüht, die Polarisierung zu verhindern. Wo wir politisch denken, tun wir das mit dem Auge auf die großen Probleme, für die wir unsere Energie benötigen: Klimawandel, Welthunger, Ressourcenknappheit und den unvermeidlichen Augenblick, an dem die Menschheit einem echten Problem ins Auge sehen muss, für das wir uns alle an einem Strang ziehend benötigen - wie beispielsweise beim Ausbruch eines Supervulkans. Wir haben unserer Ansicht nach keine Zeit für Polarisierung und Emotionalisierung, wie wir philosophisch - und erst recht transdisziplinär - keine Zeit für Ontologien oder Whateverism haben. Funktionalität muss das herrschende Kriterium sein. Alles andere geht auf Kosten unserer Anpassungsfähigkeit und verschwendet wertvolle Lebens- und damit Problemlösungsenergie - von Geld ganz zu schweigen.

Unsere Arbeit richtet sich auch in diesem Artikel an diejenigen, denen kluges Denken und Handeln mit dem Auge auf die großen systemischen Zusammenhänge wichtiger sind als die eigene Position. Die Politiker wissen nicht, welche Arbeit wir in Zukunft brauchen. Wir müssen überhaupt erst die Kräfte freisetzen, um dieses Wissen auszubilden. Mit Bevormundung und Denken aus dem letzten Jahrhundert geht das nicht, und Politik als Phänomen, das in Städtebildung entstanden ist, ist für die Herausforderungen, die mit Wirklichkeitsemulation kommen, zu langsam. Deshalb haben wir FORMWELT entwickelt, deshalb möchten wir freies, systemisches Denken motivieren. Wir brauchen die Energie Aller und kraftvoll denkende und handelnde Individuen, die Emergenz möglich machen, und wir brauchen sie schnell. 2025 ist viel zu lange hin, und die herkömmlichen Förderinstrumentarien sind meist zu träge, weil die Bewilliger der Fördermittel überhaupt erst in Wirklichkeitsemulation zu denken gelernt haben müssten, um temporeich entscheiden zu können, was tatsächlich gebraucht wird und was nicht. Behandeln wir Menschen wie Zwangsarbeiter, schaffen wir ein Mindset, das diese Leistung nicht erbringen kann, und wir schaffen es nicht nur im Zwangsarbeiter, sondern wir legen es in der ganzen Gesellschaft an.

Wir halten das BGE vor dem Hintergrund von Wirklichkeitsemulation und fortschreitender Individuierung für eine sinnvolle Maßnahme. Und wieder einmal können wir auf ein Problem verweisen, das in Wirklichkeitsemulation emergente Dimensionen annimmt, nämlich Populismus, Polarisierung und Emotionalisierung. Wie bitte soll "Digitalisierung" das reflektieren?

Hier für diejenigen, denen Wirklichkeitsemulation (z. B. über Facebook) beigebracht hat, keine weiterführenden Links mehr anklicken zu können, einige Argumente - mehr dann für solche, die mit Leib und Seele bei der Sache sind über den Link zum vollständigen Artikel auf meiner Website: https://carl-auer-akademie.com/blogs/systemzeit/2018/03/05/argumente-fuer-den-schrittweisen-um-und-abbau-von-hartz-iv/ In dem verlinkten Artikel finden sich rechtliche Argumente von Dr. Irmela Nagel und konkrete Umsetzungsvorschläge, die ehrenamtliches, künstlerisches und wissenschaftliches Engagement für die Sozialgemeinschaft würdigen und helfen sollen, die sonst einkommensfreie Leistung Einzelner zu schätzen zu lernen und weiter zu motivieren.

Wirtschaftliches und philosophisches Argument:

Digitalisierung und Algorithmisierung:
Robotics und Künstliche Intelligenz werden weiter zu einem Abbau von Arbeitsplätzen führen. Was die Neuentstehung von Arbeitsplätzen angeht, haben wir es nicht mit einer zweiten Industrialisierung zu tun. Dies gilt insbesondere in den Arbeitsbereichen, welche die Leistungsempfänger im Allgemeinen und die ALGII-Empfänger im Besonderen betreffen:

Eine Gesellschaft, die sich immer mehr verbessert, die immer mehr und immer schneller produziert und rationalisiert, wird – und das ist ihre Zielsetzung – Ressourcenausbeute effizienter machen.

Je besser das geht, desto mehr der vorherigen Arbeiten fallen weg. Viele der zuvor gesellschaftlich relevanten Arbeiten werden rationalisiert erledigt und entfallen deshalb für viele Arbeiter oder müssen deshalb nicht mehr durch so viele Arbeiter wie vorher erledigt werden. Das kapitalistische System baut darauf auf, dadurch wird Wachstum generiert.

Wenn eine Gesellschaft gut funktioniert, wird die Population wachsen. Eine wachsende Bevölkerung ist eine Konsequenz aus Wohlstand, um mehr Arbeitskraft zu produzieren und Überschuss zu sichern. Überschussproduktion ist eine evolutionäre Sicherheitsmaßnahme. In natürlichen Populationen nimmt die Art das Absterben in Kauf. Kultivierte Populationen müssen damit anders umgehen. Sie können es sich nicht leisten, diejenigen, für die sie keine Verwendung haben, in Untätigkeit und Stagnation zu parken, weil das langfristig negative Auswirkungen auf die Gesellschaft haben würde.

Wenn die Population wächst und die Arbeitsmöglichkeiten abnehmen, steigt die Arbeitslosigkeit.

Mit anderen Worten: Steigende Arbeitslosigkeit ist ein Indikator dafür, dass eine Gesellschaft gut funktioniert.

Arbeitslosigkeit entsteht aber auch, wenn das Wirtschaftssystem nicht gut funktioniert.
Daraus folgt, dass man sich ansehen muss, mit welchen Vorzeichen man die jeweilige Arbeitslosigkeit versehen will: mit Plus als gesellschaftlichen Erfolg oder mit Minus als gesellschaftlichen Misserfolg. Das ist kontextabhängig.

Wenn die Gesellschaft, die wir jetzt haben, weiter prosperiert, wird weitere Arbeitslosigkeit entstehen. Der Punkt ist nur, dass es sich dabei nicht um Arbeitslosigkeit im herkömmlichen Sinne handelt, sondern das ist Freiraum für neue und weitere Arbeit und Sicherung der Weiterarbeit. Diese evolutionäre Sicherungsleistung ist eine Pufferzone, die wir bezahlen müssen. Wir können das mit Winterspeck vergleichen, den wir uns angefressen haben und dessen kreatives Potenzial wir nicht nur nicht unterschätzen, sondern auch rechtzeitig zu nutzen wissen sollten. Nur, wer bezahlt diese neue und weitere Arbeit?

Soziales, politisches und freiheitliches Argument:

Freiheitlich-rechtsstaatliche Demokratien sind angewiesen auf freie und unabhängig denken könnende Bürger. Eine Gesellschaft, die prosperiert, muss die Freiheiten, die sie generiert, an ihre Mitglieder weitergeben.

Macht der Staat an einem bestimmten Punkt im Übergang zum Pluspol der Arbeitslosigkeit den Fehler, das nicht zu tun, sondern ein Abhängigkeitssystem zu schaffen, ist die unweigerliche Folge ein Bürger, der verlernt unabhängig zu denken.

Populismus, Demagogie, Verschwörungstheorien, Nationalismus, Faschismus sind nicht nur Folge von Armut, sie sind auch Folge von Abhängigkeits- und Abgrenzungsdenken, das den Kontakt verloren hat zur sozialen Perspektive.

Abgrenzungsdenken in modernen Gesellschaften ist Denken aus der Komplexitätsüberforderung heraus. Komplexitätsüberforderung ist das Gefühl, das entsteht, wenn die eigenen Ressourcen nicht mehr frei genutzt werden können. Dysfunktionaler Druck auf das (psychische oder soziale) System kann das bewirken.

So folgerichtig der Druck scheinen mag, dessen Funktion sein soll, bestimmte Anforderungen zu erfüllen, so ausbremsend kann er doch wirken. Häufig kann dann die eigene Kreativität und Liebe zur Vielfalt und Herausforderung nicht mehr ausgebildet und ausgelebt werden.

Dabei handelt es sich aber um eben jene Kreativität, die im Einsatz für eine gesunde Sozialgemeinschaft notwendig ist und die immer mehr gefördert und gefordert werden sollte, je höher die Freiheitsgrade und der Wohlstand der Gesellschaft gewachsen sind:

Wichtig ist, dass die frei werdende Arbeitskraft nicht für schon erreichte soziale Ziele eingesetzt werden kann. Sie kann auch nicht vorher bestimmt werden, sondern man muss Kreativität freisetzen, so dass diese frei gewordene Arbeitskraft sich Zwecke suchen kann, die sozial nützlich und vielleicht auch notwendig sind. Sie könnte so Lücken füllen, die vorhanden sind, die aber niemand vorher gesehen hat. Oder sie kann Probleme lösen, für die vorher keiner eine Lösung hatte, für die so aber kreativerweise eine Lösung gefunden werden kann.

Das heißt, man kann die Bürger, die diese frei werdende Arbeitskraft repräsentieren, nicht so regulieren, dass man sie zur Strafarbeit verdammt. Es wird auch nicht möglich sein, die frei werdende Arbeitskraft durch Angebot und Nachfrage zu regulieren, weil die Gesellschaft nicht sehen kann, was sie nachfragen soll. Auch Konkurrenzdenken wird hier erst einmal nicht weiter helfen, denn das muss höher belohnt werden, um effektiv zu sein. Auf HartzIV-Art-Basis führt Konkurrenzdenken lediglich zu sozialer Panik und antisozialem Verhalten.
Man muss sich also etwas einfallen lassen, wie man diese frei gewordene Arbeitskraft bezahlen kann. Wie kann man dafür sorgen, dass sich die Bürger in das Gesellschaftssystem einfügen und einbringen können, sich Lebensmittel kaufen, sich Wohnraum beschaffen und kreativ darüber nachzudenken vermögen, welcher Arbeit und Berufung sie nachgehen möchten und wie sie sich sozial nützlich machen wollen?
Es wird immer Menschen geben, die dann den Unterhalt nehmen und gar nichts tun. Allerdings gibt es solche Menschen auch in der Oberschicht mit sehr viel Geld. Sie haben einfach Geld und tun ihr ganzes Leben lang nichts Vernünftiges oder Nützliches, außer einfach Geld zu haben und auszugeben. Sowohl die reichen als auch die armen Faulenzer verursachen Kosten. Das sind Kosten, die eine freiheitlich-rechtsstaatliche Gesellschaft mittragen muss.

Wenn wir als Gesellschaft die frei werdende Arbeitskraft, die positive Arbeitslosigkeit, bezahlen, wird der kreative Nutzen und auch der sozial produktive Nutzen die Kosten tragen.

...

Der Link zu meinem Blog s y s t e m z e i t: https://carl-auer-akademie.com/blogs/systemzeit/

Dort sollte man sich in diesem Kontext meine Artikelserie "Im Gleichschritt Marsch" durchlesen, um zu be-greifen, wie Ideologisierung durch Populismus motiviert wird und wie in Wirklichkeitsemulation Gleichschaltungsimpulse zunehmen. Ich möchte meine Leser darauf hinweisen, dass alle meine Artikel mit dem Auge auf die jeweils anderen geschrieben sind/werden. Jeder weitere bereichert die Perspektive um einen weiteren Aspekt und klärt die Zusammenhänge weiter auf.